Dr. Lisa de Boer, Zahnärztin mit Tätigkeitsschwerpunkt Endodontie

Lisa de Boer ist Zahnärztin bei MunichDent.

Bei unserem ausführlichen Gespräch mit Dr. Lisa de Boer haben wir sehr viel über die Zahnerhaltung gelernt. Die Zahnärztin arbeitet im Team von Michael Weiß von der Münchner Praxis MunichDent. Im nachfolgenden Interview haben wir uns über ihr Spezialgebiet der Wurzelkanalbehandlung („Endodontie“) unterhalten, einiges über ihren hohen Qualitätsanspruch erfahren und wie sie diesen in ihrem täglichen Umgang mit den Patienten umsetzt. Viel Spaß beim Lesen!

Frau de Boer, was fasziniert Sie an Ihrem Spezialgebiet der Endodontie?

Ich finde es einfach immens wichtig, den eigenen Zahn so lange es geht zu erhalten. Mittlerweile arbeite ich ja bereits seit 2,5 Jahren bei MunichDent. Ich hatte mich schon vorher in Richtung Zahnerhalt weitergebildet. Während meiner Fortbildung „Curriculum Endodontie“ fing ich bereits an, mich mit allen Endodontie-Techniken – wie etwa dem OP-Mikroskop – vertraut zu machen. Die Erfolgswahrscheinlichkeit der Wurzelkanalbehandlung verbessert sich tatsächlich immens, je mehr man sich mit diesem Spezialgebiet befasst. Deshalb führe ich hier bei MunichDent ausschließlich Wurzelkanalbehandlungen und minimalinvasive Füllungstherapien für kleine Kariesstellen durch.

Lisa de Boer bespricht die Behandlung mit ihrem Kollegen.

Bei MunichDent werden unterschiedliche Behandlungsmethoden im Team besprochen. (Fotoquelle: MunichDent / Michaela Handrek Rehle)

Eine Wurzelbehandlung soll einen entzündeten Zahn retten. Wie groß sind Ihrer Meinung nach die Chancen auf Zahnerhalt von einem wurzelbehandeltem Zahn?

Das kommt tatsächlich ein wenig auf die Ausgangssituation an. Betrachten wir zum Beispiel einen relativ jungen Patienten mit einer tiefen Karies an einem Zahn. Der Zahn hat sich entzündet, aber das Innere des Zahnes ist noch lebendig, das heißt das Nervengewebe wird noch durchblutet und somit versorgt. Wenn man zu diesem Zeitpunkt eine Wurzelbehandlung durchführt, vorher die Karies entfernt, eine vernünftig dichte Aufbaufüllung macht und dann die Wurzelbehandlung mit allen modernen Techniken durchführt, dann kann die Erfolgswahrscheinlichkeit bei über 90 Prozent der Fälle liegen. Laut aktueller Forschungsergebnisse hält ein solcher Zahn bei guter Pflege noch weitere 10 bis 15 Jahre. Das alles gilt natürlich nur, wenn der entsprechende Behandler weiß, was er tut und mit den modernen Techniken umgehen kann…

Welche modernen, technischen Errungenschaften sind Ihrer Erfahrung nach für eine erfolgversprechende Wurzelbehandlung wichtig?

Das OP-Mikroskop ist ein ganz entscheidender Meilenstein gewesen. Ich habe zwar schon immer mit einer Lupenbrille gearbeitet, aber durch das OP-Mikroskop wird das Licht direkt in den Zahn hineingeleuchtet. Und die Fotos, die ich mit diesem Mikroskop machen kann, sind für die Aufklärung und Patientenkommunikation wahnsinnig toll. Dazu kommt natürlich die elektrometrische Widerstandsmessung. Damit kann man schauen, ob man schon ganz unten an der Wurzel angelangt ist. Wichtig ist ja auch, dass der Arzt den Zahn bei der Wurzelbehandlung in seiner gesamten Länge behandelt und nicht z.B. die letzten vier Millimeter unwissentlich weglässt. Früher hat man eben ein Röntgenbild gemacht und so pi mal Daumen gesagt, dass das passen müsste. Aber auch der so genannte „Kofferdam“ – also ein bakterien-abdichtendes Gummituch – ist eine riesige Verbesserung, ohne den ich nicht mehr arbeiten wollen würde.

Was hat es denn mit diesem „Kofferdam“ genau auf sich?

Es ist so, die Karies wird ja vor der Wurzelkanalbehandlung entfernt. Anschließend braucht der Zahn eine vernünftige Füllung, die alles perfekt abdichtet, sodass von außen keine neuen Bakterien mehr in den Zahn hineinkommen. Deshalb muss man erstmal alles dafür tun, dass der Zahn wie eine Art Container abgedichtet wird. Hierfür benutze ich bei der Wurzelbehandlung den „Kofferdam“. Das ist ein Gummituch, das mit einer Klammer am Zahn befestigt wird. Dadurch sehe ich als Behandler nur diesen einen Zahn, den ich behandeln möchte. Alles andere, wie die Zunge oder die Wange, was das Auge des Behandlers ablenken kann, wird drum herum sozusagen ausgesperrt. Für den Patienten ist die Benutzung des Kofferdams ebenfalls sehr angenehm, weil er weder Angst haben muss, dass Partikel aspiriert werden können noch, dass Wasser oder Desinfektionslösungen im Rachen hinunterlaufen.

Lisa de Boer bei der Behandlung.

Mit modernen Apparaturen steigen die Chancen, dass eine Wurzelkanalbehandlung erfolgreich verläuft. (Bildquelle: MunichDent)

Die gesetzliche Krankenkasse bezahlt nur dann für eine Wurzelbehandlung, wenn der Zahnarzt den Zahn als „erhaltungswürdig“ einstuft. Haben Sie hier völlig freie Hand?

Wenn ich den Zahn als erhaltungswürdig einstufe, wird das von der Kasse nicht in Frage gestellt. Allerdings bezahlt die gesetzliche Krankenkasse leider nicht für all die modernen Behandlungen, die ich bereits erklärt habe. Die Kasse verlangt lediglich, dass die Behandlung bis ins apikale Drittel, also ca. bis zur Hälfte der Wurzel reicht und, dass einmal eine Spülflüssigkeit angewendet wird. Am Ende muss das Röntgenbild gut aussehen und der wurzelbehandelte Zahn soll zwei Jahre halten. Unser Qualitätsanspruch bei MunichDent sieht anders aus.

Wie unterscheidet sich Ihre Wurzelkanalbehandlung qualitativ?

Wir wenden nur die modernsten Methodiken mit den neuesten Materialien an und ich nehme mir pro Patient mehrere Stunden Zeit. Die Behandlung ist aufgeteilt in zwei bis drei Sitzungen, je nach Komplexität des Zahns. Wir haben in unserer Praxis nur sterile Einmalinstrumente für Wurzelbehandlungen, weil wir dadurch eine bakterielle Transportation von einem zu einem anderen Patienten verhindern können. Auch die Feilen für die mechanische Reinigung des Zahninneren werden nur als Einmalprodukt pro Patient verwendet. Und wir spülen mit verschiedenen Spülflüssigkeiten. Einmal um die Bakterien abzutöten und einmal um den Bakterien- und Biofilm aus dem Zahn herauszulösen. Das sind also zwei verschiedene Lösungen und bei jedem Spülvorgang werden diese noch mit einem Ultraschallgerät aktiviert. Das ist eine ganz tiefe chemische Desinfektion, die sogar in die Bereiche gelangt, die manuell nicht erreicht werden können. Backenzähne haben oft Verbindungsgänge, die nur chemisch desinfiziert werden können.

Das klingt nach einer sehr gründlichen Behandlung…

So ist es. Leider entstehen dadurch Zusatzkosten, die wir auf den Patienten umlegen müssen. Nur nach Kassensatz rechnet sich das leider nicht. Wir fragen die Patienten daher immer vorher, ob sie über eine Zahnversicherung zusätzlich abgesichert sind. Die meisten modernen Zahnzusatzversicherungen bezahlen alle diese zusätzlichen Mittel anstandslos.   

Eine große Errungenschaft ist die Arbeit mit dem OP-Mikroskop.

Fotos, die mit dem OP-Mikroskop gemacht werden, nutzt Lisa de Boer für die Aufklärung und Patientenkommunikation (Bildquelle: MunichDent)

Sind private Zusatzversicherungen bereits an der Tagesordnung bzw. erkundigen sich Ihre Patienten nach geeigneten Möglichkeiten?

Ja, wir werden oft nach Zahnzusatzversicherungen gefragt, aber wir geben keine Empfehlung für eine spezielle Versicherung ab. Wenn wir sehen, dass vielleicht in der Zukunft zum Beispiel mal eine Krone, ein Implantat oder eine Wurzelbehandlung bei einem Patienten nötig sein könnte, sprechen wir das Thema Zahnzusatzversicherung an. Wir weisen dann darauf hin, dass es sicher nicht verkehrt wäre, sich – um zukünftig Kosten zu sparen – einmal mit dem Thema zu beschäftigen. Natürlich muss jeder Patient individuell für sich entscheiden, ob sich die Investition in eine Versicherung lohnt.

Ihre Praxis legt hohen Wert auf Qualität und Aufklärung des Patienten. Was wird in einem Aufklärungsgespräch vor einer Wurzelbehandlung besprochen?

Vor jedem Aufklärungsgespräch mache ich ein digitales Röntgenbild. Anhand dessen kann ich den Patienten am besten auf die Behandlung vorbereiten. Wir sprechen auch immer über die Erfolgsaussichten. Je nachdem, welche Grundvoraussetzungen der Patient mitbringt – z.B. wenn er stark gekrümmte Wurzelkanäle hat. Und ich werde oft gefragt, ob die Behandlung weh tut. Deswegen ist der Zeitfaktor so wichtig. Mein Tipp, wenn mal was drückt, lieber einmal zu früh, als zu spät zum Zahnarzt gehen. Je eher man anfängt, die Wurzelbehandlung zu machen, desto schmerzärmer ist das Ganze. 

Was würden Sie sich wünschen (z.B. von der Branche/Patienten/Politik), wenn Sie einen Wunsch frei hätten? Was würden Sie ändern?

Ich würde mir wünschen, dass bei der gesetzlichen Versicherung der Zahnerhalt noch mehr im Fokus steht und, dass Patienten, die finanziell nicht so gut dastehen, sich so eine moderne Behandlung auch leisten können. Ansonsten muss mein Kollege Michael Weiß (Anmerkung der Redaktion: den wir ebenfalls schon interviewen durften) wegen unnötigem Zahnverlust aktiv werden und ein Implantat setzen – oftmals bei gerade mal 30- bis 40-jährigen Patienten. Daher ist es wichtig, erstmal so lange es geht, den eigenen Zahn zu erhalten. Und wenn das dann wirklich nicht mehr klappt, ist das mit den Implantaten sicherlich eine ganz tolle Sache. 

Glücklicherweise ist die Wichtigkeit des Themas Wurzelbehandlung bei den modernen Zusatzversicherern ja absolut anerkannt und die Zusatzkosten einer modernen Behandlung werden ohne Probleme erstattet – diese Akzeptanz würde ich mir von den gesetzlichen Versicherern auch wünschen.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Dr. de Boer

Verfasst von Sonja Zajontz
am 2. Dezember 2021 unter Zahnärzte stellen sich vor.